Das Problem
Um was geht es?
Die bewaldeten Höhenrücken mit 370 bis 390 m ü. NN nördlich von Otterberg sind ins Visier der Windkraftindustrie geraten. Es könnten dort bis zu elf Windräder unter Einhaltung der vorgeschriebenen Siedlungsabstände errichtet werden. Laut Angabe von Projektierern herrschen Windverhältnisse, die für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreichen. Die Standorte befinden sich größtenteils auf Otterberger Gemarkung, stehen aber im Eigentum des Landes (Staatswald). Eine Teilfläche im Westen ist in kommunalem Besitz (Mehlbach).
Die Landesregierung will das Land bis 2030 zu 100 % (bilanziell) mit Grünstrom versorgen und ist zur Erreichung dieses Zieles bereit, auch Waldflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen (WKA) an die Energiekonzerne zu verpachten.
Dagegen wehren sich viele Bürger:innen in Otterberg sowie in den umliegenden Ortschaften. Dass für den Klimaschutz vergleichsweise gesunder Wald geopfert werden soll, geht den meisten zu weit. Auch machen sich die Wenigsten eine Vorstellung davon, was es heißt Windräder im Wald zu errichten.
Wer will was?
Die Bürgerinitiative
Pro Otterberger Wald
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Windparkpläne im Otterberger Wald und im Pfalzwald bei Mehlbach im Februar 2020 haben wir uns als Bürgerinitiative (BI) Pro Otterberger Wald gegründet.
Gegen die ältere Planung des Windparks im Pfalzwald war bereits seit 2014 die Naturschutzinitiative (NI) Pfalzwald e.V. in Schneckenhausen aktiv.
Eine von uns gemeinsam mit der NI eingeforderte Bürgerinformationsveranstaltung wurde von der Stadtbürgermeisterin ermöglicht, konnte aber coronabedingt nur nach Voranmeldung und erst in den Sommerferien 2020 stattfinden, was der Breitenwirkung der Veranstaltung abträglich war. In der Folge haben wir uns mit diversen Aktionen und über die Medien Gehör verschafft. Inzwischen steht eine breite Meinungsfront gegen die Windparks im Wald und ihre Befürworter.
Der Stadtrat
Die Nachteile für die Stadt Otterberg überwiegen bei weitem die in Aussicht gestellten (finanziellen) Vorteile. Der Stadtrat hat sich eingehend mit den im Wald geplanten Windparks befasst und diese mit in zwei Mehrheitsbeschlüssen – am 04.11.2020 für den Otterberger Wald und am 27.04.2021 nochmals eigens für den Pfalzwald d. h. den Mehlbacher Wald – abgelehnt. Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wurden dabei überstimmt.
In der Zeitung "Die Rheinpfalz" wurde darüber viel, aber meist nicht unvoreingenommen, berichtet. Der Tenor in der Berichterstattung war, dass der Otterberger Stadtrat es gar nicht entscheiden kann, ob der Wald für Windkraft zur Verfügung gestellt wird, da es sich um Flächen handelt, die dem Land gehören. Dies war dem Stadtrat bei seiner Beschlussfassung bewusst und dennoch war es ihm wichtig, eine klare Position gegen die Errichtung von Windrädern zu beziehen.
In der Beschlussfassung vom 18.10.2022 hat der Stadtrat seine Haltung mehrheitlich nochmals bekräftigt, und außerdem sein Einvernehmen zu den im Pfalzwald geplanten Windrädern (Planung Gaia) verweigert.
In der Sitzung vom 30.05.2023 hat der Stadtrat auf Antrag der SPD seinen bisherigen Widerstand gegen die Inanspruchnahme des Waldes aufgegeben und zusammen mit den Stimmen von Bündnis90/Die GRÜNEN für Verhandlungen mit Landesforsten bzw. potenziellen Projektierern votiert. Diese Kehrtwendung ist Ausdruck der Torschlusspanik einiger SPD-Mitglieder, dass die Windräder im Stadtwald realisiert werden könnten, ohne dass die Stadt davon profitiert.
Dieser Schritt, mit dem das SPD-Wahlversprechen von 2019 gebrochen wurde, wurde damit begründet, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben und die Windräder im Otterberger Wald nicht mehr zu verhindern seien, auch nicht durch eine Ergänzung des Flächennutzungsplanes. Bündnis 90/Die Grünen fordern eine "menschen- und naturverträgliche Umsetzung" des Windparkprojektes, was nicht mehr ist als ein untaugliches Alibi. Denn eine Garantie dafür gibt es nicht. Die kann es auch nicht geben, da, wie die Erfahrungen zeigen, sich beides gegenseitig ausschließt.
Die Landesregierung
Die Landesregierung verweist darauf, dass der politische Wille vor Ort ausschließlich dann anerkannt wird, wenn im Flächennutzungsplan Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen sind. Dieser Empfehlung von Staatssekretär a. D. Dr. Gries (Umweltministerium) ist die Verbandsgemeinde inzwischen gefolgt und hat 2022 eine Ergänzung zum FLNPL in Auftrag gegeben. Dass dieser Schritt seitens des Ministeriums ignoriert wird, zeigte schon das von Landesforsten durchgeführte Interessensbekundungsverfahren.
Was von der Äußerung, man werde Windkraftanlagen nur in Kooperation mit den Kommunen realisieren, übrig bleibt, kann man in Otterberg studieren. Bisher wurden der lokale Widerstand immer nur mit Hinweis auf das übergeordnete öffentliche Interesse, die Klimaziele, klimabedingtes Waldsterben, die Energiekrise pariert und im Übrigen wurde auf das bestehende Ordnungs-, Immissions- und Naturschutzrecht verwiesen. Wobei die laufenden Gesetzesänderungen das Recht sukzessive windenergiefreundlicher gestaltet, d. h. der Naturschutz geschleift und die Siedlungsabstände verringert wurden.
Die Verbandsgemeinde
Auf Ebene der Verbandsgemeinde wird jetzt wie es seinerzeit das Umweltministerium unter Staatssekretär Griese empfohlen hat , das Ziel verfolgt, Windenergievorrangflächen im Umfang von mind. 2,2 % des Verbandsgemeindegebietes auszuweisen. Dazu wurde am 16.09.2021 ein Aufstellungsbeschluss für einen Teil-Flächennutzungsplan Erneuerbare Energien aufgestellt gefasst (einstimmig). Der Teilflächennutzungsplan ist mittlerweile bei dem Ingenieurbüro IGR Rockenhausen beauftragt und liegt im Entwurf vor. Er wird vermutlich ab Anfang April 2024 der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vorgelegt.
Landesforsten Rheinland-Pfalz
Die dem Umweltministerium unterstehenden Landesforsten haben Mitte 2022 die zum Otterberger Wald gehörende Fläche zwischen den beiden Landesstraßen L287 und L283 in einem bundesweiten
Interessenbekundungsverfahren ausgeschrieben - und offenbar jede Menge Bieterzuschriften erhalten. Die Fläche umfasst circa 700 ha. Es könnten dort laut Projektiererangaben acht Windräder à 250 m Höhe errichtet werden. Mit dem meistbietenden (Q-Energie Berlin)n trat Landesforsten in Verhandlung. Das Unternehmen ist jedoch abgesprungen. Die Bieterverhandlungen wurden wohl mit dem oder den nächstbietenden fortgesetzt. Ob inzwischen ein Nutzungsvertrag mit einem Bieter abgeschlossen ist oder nicht, wird bislang der Öffentlichkeit vorenthalten (Anfrage läuft). Vom Umweltministerium werden die aktuellen Bemühungen der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg, selbst Windvorrangflächen auszuweisen, nicht abgewartet, bzw. vollkommen ignoriert.
Für die Fläche westlich der L 283 (Pfalzwald - bzw. sog. Mehlbacher Wald), in welcher drei Windräder errichtet werden sollen, haben die Kommune einerseits und Landesforsten andererseits mit der Gaia mbH Lambsheim schon länger Pachtverträge abgeschlossen. Die Gaia hat inzwischen Baugesuche bei der Kreisverwaltung eingereicht. das im Staatswald situierte, östlichste der drei Windräder (gegen den Grafenthalerhof zu), wird, so die Verlautbarungen, wegen eines Einspruchs der Bundeswehr nicht genehmigt werden. Vorab wurde jetzt von der Gaia eine 160 m hohe Windmessstation errichtet.